TAG 2 / 7. November 2014 / Homestead-Marathon-Bahia Honda-Key West
Nach äußerst kurzer Nacht in einem - für europäischen Geschmack, doch zu weichen, dabei aber keinesfalls unbequemen – Boxspringbett (mehrere Matratzenschichten übereinander, kein Lattenrost), wachten wir gegen 5:30 auf und verbrachten die Stunde bis zum mitgebuchten Frühstück mit der journalistischen Analyse diverser Morgenmagazine - gegen deren professionelle Aufmachung sich vergleichbare Sendungen hierzulande ausnehmen wie etwas besser aufbereitete Homevideos. Umso erstaunlicher, wenn man den Umstand bedenkt, dass es sich hier nicht um landes- oder gar bundesweit ausgestrahlte Magazine handelt, sondern für quasi jeden Landkreis ein eigenes solches Format zu existieren scheint. Und auch wenn sich das unmöglich mehr als ein paar tausend Leute anschauen können, ist die Qualität jeder einziger dieser Newssendungen höher, als das was hier bei uns einem bundesweiten Millionenpublikum zugemutet wird. Beim TV gilt also eher x10 und nicht x2...
Nun zum Frühstück - ein im Zimmerpreis inkludiertes Frühstück in einem amerikanischen Hotel ist in etwa so selbstverständlich, wie hierzulande freundliches Personal, also eher selten bis gar nicht anzutreffen. Ja, viele Hotels bieten ein Frühstück nicht einmal optional gegen Mehrpreis an und haben gar keinen eigenen Restaurantbereich. Nicht so das Floridian! Ein doch überdurchschnittliches Angebot erwartete uns, wenn auch mit den in diesem Land unvermeidlichen Einschränkungen - was zivilisierte Nahrungsaufnahme angeht - verbunden. Plastikgeschirr und -Besteck, Pappbecher (die man praktischerweise allerdings auch gefüllt mitnehmen darf) und bis auf die Rühreier ausschließlich abgepackte Lebensmittel, lassen einen doch hinterfragen wie die Menschen dort, welche Genussmittel derart lieblos und aufs Zweckmäßigste reduziert dargereicht bekommen, so übermäßig davon Gebrauch machen, dass sie aus allen Nähten zu platzen drohen? Nun ja - etwas ambivalent gestimmt ob dieser Eindrücke, begann meine Frau sich durch alles ihr Unbekannte durchzuprobieren und hatte schließlich in einem Produkt namens Oatmeal der Firma ‘Quaker State‘ ihren Favoriten gefunden. Einer haferschleimartigen Substanz, die es in allerlei verschiedenen Geschmacksrichtungen gibt und die mit Milch aufgegossen in den überall inflationär bereit stehenden Mikrowellen erwärmt wird. Obwohl ich wenige Erinnerungen an meine Säuglingzeit habe, kamen hier frühkindlichste Fütterungserlebnisse hoch – bäh, nicht für mich bitte. Ich beschränkte mich dementsprechend dann auf Toastbrot und amerikanischen Filterkaffee (der übrigens besser als sein Ruf ist).
Um 7:30 ging es dann los auf große Fahrt gen Süden. Unzählige Brücken und Inseln lagen zwischen uns und unserem Tagesziel - Key West. Es besteht wohl allgemein Uneinigkeit darüber, ob die Fahrt die Keys entlang nun landschaftlich reizvoll oder monoton und eintönig ist - unsere Meinung hierzu ist eindeutig: Es ist ein atemberaubendes Erlebnis! Den ‘Overseas Highway‘ zu befahren verleiht der Floskel 'der Weg ist das Ziel' ungeahnte Bedeutung und macht die Fahrt einfach unvergesslich. Es ist wahrhaft beindruckend über eine leere Brücke zu fahren, gefühlt mitten im Nirgendwo - links der atlantische Ozean und rechts der Golf von Mexico. Es ist in dem Zusammenhang auch dringendst davon abzuraten die Strecke unter Zeitdruck oder gar bei Dunkelheit zu befahren - wie auch von uns ursprünglich geplant und nach diversen Hinweisen in Foren glücklicherweise wieder verworfen…
Nach gut zweieinhalb Stunden gemächlicher Fahrt durch diese beeindruckende Umgebung machten wir unseren ersten Tagesstop in Marathon, auf etwa der Hälfte der Strecke. Hier schauten wir uns zunächst den ‘Sombrero Beach‘ an – ein sehr gepflegter, nicht zu großer Strand mit herrlich türkisfarbenem Wasser in Karibikqualität. Da wir allerdings weder Badetücher noch Badesachen hatten (wollten wir ursprünglich in der Dolphin Mall kaufen) und wir auch noch einen Badestopp für den weiteren Tag eingeplant hatten, beließen wir es bei einem kurzen Besichtigungsaufenthalt an diesem empfehlenswerten Strand und zogen weiter zum Turtle Hospital, welches ebenfalls in Marathon liegt.
Sofern man sich für Tiere interessiert, ist der Besuch dieser Einrichtung eine unbedingte Empfehlung. Man bekommt auf der etwa einstündigen, geführten Tour wirklich sehr interessente Einblicke in die Arbeit des Hospitals und wir waren doch negativ überrascht und erschüttert darüber, wie gefahrvoll das Leben dieser wundervollen Tiere in den Gewässern Floridas zu sein scheint. Verletzungen durch die Schiffsschrauben von Außenbordern und der Verzehr der im Wasser treibenden Abfälle sind die häufigsten Gründe für einen Aufenthalt dort. Von den über 50 Patienten sind einige so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass sie zu Dauerpatienten der Einrichtung werden – ohne jemals wieder in Freiheit zu kommen. Leider überschwemmte uns unser aus Pennsylvania stammender Guide mit einer derartigen Fülle an Informationen (in einer Sprechgeschwindigkeit, die jedem Schnellauktionator zur Ehre gereicht hätte), dass wir bei weitem nicht alles aufnehmen konnten, was er zu erzählen hatte… Dennoch ein wirklich interessantes Erlebnis für überschaubaren zeitlichen und finanziellen Aufwand.
Da wir für unser Nachmittagsvorhaben unbedingt noch Handtücher und eine Badehose für mich erwerben mussten, hatten wir bereits während der Fahrt Ausschau nach entsprechenden Läden gehalten. Hierbei war uns das ‘Sandal Factory Outlet‘ ins Auge gestochen, welches gefühlt alle 5 Milen eine Filiale auf den Keys unterhält. Obendrein wurde mit einer “Buy one Shirt - get two free“ Offerte geworben. Also hinein in unser zweites Shoppingerlebnis. Hinein in die zweite Enttäuschung. Ein wirklich schlecht sortierter, durchweg hochpreisiger Laden (von der Specialoffer war inside dann auch nichts mehr zu sehen), der im Vergleich zum Marktführer (leider kannten wir Ron Jons Surfshop zu diesem Zeitpunkt noch nicht) in allen Belangen den Kürzeren zieht und sich wie gesagt als Enttäuschung auf ganzer Linie erwiesen hat. In Marathon gibt es glücklicherweise aber auch einen ‘Publix‘ mit wirklich universellem Angebot, so dass wir hier nicht nur die Strandutensilien, sondern auch noch eine Kühlbox samt Getränken erstehen konnten und weit günstiger weg kamen als bei besagtem ‘Sandal Outlet‘. Outlet allgemein ist ein in den USA übrigens recht inflationär benutzter Begriff und weist in den meisten Fällen leider eben nicht auf einen Fabrikverkauf zu vergünstigten Preisen hin, sondern wird nach unserer Erfahrung oft als Etikett zur Tourieabzocke missbraucht. Da die Uhr mittlerweile die Mittagsstunde überschritten hatte, meldete sich auch unser Magen zu Wort und wir suchten als nächstes die unweit gelegene Dependance des Wirtshauses ‘zum goldenen M‘ auf. Wir sind beide Vegetarier und hatten dementsprechend keine allzu großen Erwartungen an die Reichhaltigkeit des Angebotes (ich hatte mich aus rein investigativen Gründen allerdings im Vorfeld des USA-Urlaubs dazu entschlossen mit dem Nichtfleischessen für die Dauer des Aufenthaltes auszusetzen…), was sich auch so bestätigte. Das Preisniveau bei McDonalds zeigte sich verdächtig niedrig (Cheeseburger 0,69 Ct) und bedurfte einer dringenden Überprüfung, die sehr ernüchternd ausfiel… Für dieses lieblos zusammengeklatschte Etwas waren selbst besagte 0,69 Ct zuviel! Vom Geschmack ganz zu schweigen! Mein erstes Stück Rindfleisch seit zwei Jahren und dann diese Enttäuschung! Anno 45 aus dem Krieg zurückgekehrte Veteranen können beim Anblick zerbombter Innenstädte nicht enttäuschter drein geschaut haben, als ich in diesem Augenblick… Ich fasste für den Rest der Urlaubs den Plan der Sache auf den Grund zu gehen und jedem Laden der Burger offerierte eine Chance zu geben, diese – auch noch vom Marktführer verursachte – Blamage wieder gut zu machen…
Weiter ging es die Keys hinab und am frühen Nachmittag erreichten wir den ‘Bahia Honda State Park‘ auf dem gleichnamigen Bahia Honda Key. Wahrlich ein Ort, den man gesehen haben muss! Wir steuerten direkt die kleine (von vielen Fotos bekannte) Bucht zwischen den beiden Brücken an und ließen uns zum Sonnen- und Wasserbad nieder. Nachdem ich die Autoschlüssel an meine Frau weiter gegeben hatte und das erste ‘Bud Light‘ aus unserer Kühlbox genommen hatte, wurde mir klar: Es ist ein toller Tag! Nach 2 Schwimmexkursionen, 4 (kleinen) Dosen Dünnbier und einem halben Ken Follett Roman zeigte meine Frau noch immer keine Ermüdungserscheinungen das Sonnenbaden betreffend… Doch so faul sollte der Nachmittag nicht zu Ende gehen – ich wollte ja noch etwas sehen von diesem paradiesischen Flecken Erde! Zumindest der Aufstieg auf die stillgelegte Brücke sollte schon noch drin sein. Nach dem ich mit Engelszungen die Einzigartigkeit dieses Ortes beschworen hatte und heraus gestellt hatte, dass diese nicht in dem – zugegebenermaßen sehr schönen (nur durch leichte Seegrasansammlungen von absoluter Perfektion entfernten) Strandabschnitt lag, sondern der Park noch mehr zu bieten hatte, überzeugte ich Angela den Aufstieg zu wagen… Oben angekommen genossen wir einen herrlichen Ausblick über das Meer und den Park. Besonders beeindruckend ist der Blick auf den stillgelegten Brückenabschnitt, bei dem man sehr schön vor Augen geführt bekommt, wie die Natur sich von Menschen gemachtes zurückholen wird. Wirklich erstaunlich wie stark der massive Beton alleine durch die Witterung der Jahre in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Stimmung schwankt zwischen Paradies und Endzeitfilm.
Unseren eigentlichen Plan – den Sonnenuntergang vom Mallorysquare in Key West aus zu beobachten – hatten wir bereits ad acta gelegt, wollten aber dennoch vor Einbruch der Dunkelheit in Key West sein. So brachen wir am späten Nachmittag auf und erreichten am frühen Abend unsere Unterkunft für die nächsten beiden Tage, das ‘El Patio Motel‘ in Key West.
Ein nettes kleines Hotel, welches aufgrund seiner recht zentralen Lage, den ausreichend vorhandenen Parkplätzen und nicht zuletzt des halbwegs akzeptablen Preises wegen, unsere Heimat für die nächsten beiden Nächte werden sollte. Das Preisniveau in Key West an Wochenenden erreicht übrigens astronomische Höhen – unsere Reiseroute brachte es leider mit sich, dass wir von Freitag bis Sonntag dort waren, bei erneutem Aufenthalt würde ich aber ganz klar einen Termin unter der Woche vorziehen – Aufschläge von >100%!!! am Wochenende sind die Regel! Am frühen Abend hatte uns das Jetlag bereits wieder eingeholt und aufgrund des anstrengenden Tages ergaben wir uns nach einem ganz kurzen Abstecher auf die Duvalstreet der Müdigkeit und sind bereits gegen 21:00 tot ins Bett gefallen.
Fazit & Klischeeabgleich:
- Meine Frau liebt amerikanische Supermärkte und deren wahrlich gigantisches Angebot! Ich glaube ihr erstes Urlaubsfoto war eine Wand voll Oreopackungen in unzähligen Sorten. Es ist also nicht nur alles doppelt so groß und es gibt nicht nur von allem doppelt so viel – nein, es gibt von allem auch mindestens doppelt so viele Varianten!
- Obwohl man für vergleichbare Strecken deutlich mehr Zeit als hierzulande benötigt, ist das Autofahren streßfreier. Ja - schleichen kann Spaß machen
- Der Fraß, der einem in den USA im McDonalds offeriert wird, ist eine nicht hinzunehmende Zumutung
- Softgetränke in Restaurants schmecken so wie die Hotelzimmer riechen – nach Chlor. Bäh
Fixkostencheck:
- 40,- EUR Eintrittsgelder Bahia Honda & Turtle Hospital
- 120,- EUR Übernachtung ohne Frühstück El Patio Motel