Reisebericht Florida November 2014

Bambam77

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Hallo liebe Forengemeinde,

ich besuche dieses Forum schon sehr lange und habe Eure wertvollen Erfahrungen und Tipps ausführlich für unsere erste Florida- (und auch USA-) Reise genutzt. Ich habe dabei allerdings immer fleißig die vielbeschworene Suchfunktion genutzt und musste daher wenig proaktiv nachfragen. Deswegen bin ich bislang nicht gerade durch hohe Aktivität hier im Forum aufgefallen. Das soll sich mit der Nachbetrachtung unserer (also meine Frau und ich) Reise ändern. Vielleicht kann ich durch die gewonnen Erfahrungen ja dem ein oder anderen bei seiner Reiseplanung und -vorbereitung eine kleine Hilfe sein und Floridaneulinge ein wenig so von meinen Eindrücken partizpieren lassen, wie es viele andere hier umgekehrt bei mir vor unserer Reise in dieses wundervolle Land getan haben.

Ich habe eine recht ausführliche Schreibe und vermute, dass das manchem vielleicht an der ein oder anderen Stelle zu ausführlich sein wird - lade Euch aber dennoch ein, mich beim Revue passieren lassen unserer Hochzeitsreise zu begleiten und freue mich auf Feedback und Anregungen!

Informationshalber gibts zu jedem Abschnitt auch einen Kartenausschnitt, Fotos und eine Fixkostenaufstellung (ohne Lebensmittel, Klamotten und Souvenirs).

Für die die's interessiert - vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit vorab!


Grüße Sven
 
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Bambam77

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TAG 1 / 6. November 2014 / Frankfurt-Miami-Homestead

Gepackt vom Reisefieber und mit unzähligen Fakten, Infos, Foren- und Reiseberichten versorgt, standen wir nun in Frankfurt am Flughafen und erwarteten den Start unseres Flugzeugs zum Ziel unserer Träume - dem Sunshine State - Florida. Trotz Plätzen in der Holzklasse, erwies sich unser Fluggefährt neuester Bauart - ein Airbus A380 - zumindest komfortabler als sein direkter Konkurrent, der Jumbo von Boeing, den wir im Vorjahresurlaub kennen lernen durften.

Nach Einem Begrüßungssekt, 3 Hollywoodfilmen (Edge of Tomorrow mit Tom Cruise war ganz empfehlenswert), 3 Mahlzeiten (Tipp: im Vorfeld gesondert bestelltes Essen, in unserem Fall vegetarisch, wird zuerst von den Stewardessen abgearbeitet - ein nicht zu unterschätzender Vorteil bei 500 hungrigen Mäulern in der Zigarrenröhre) erreichten wir nach ca. 11 Stunden unser Ziel. Dank Fensterplatz konnten wir uns bereits beim Anflug davon überzeugen, dass zumindest das Wetter unseren Erwartungen entsprach und dem Namen 'Sunshine' State gerecht wurde.

Nun auf zur Einreise. Nach Berichten anderer erwarteten wir eine sich über Stunden hinziehende Prozedur, die einer Mischung aus katholischer Inquisition und dem Einzug in ein Hochsicherheitsgefängnis gleichen sollte. Doch weit gefehlt - vom Ende der Warteschlange aus (die in Ihrer Länge Reisende aus den neuen Bundesländern sicher an selige Zeiten erinnerte, als es galt sich rationierte Südfrüchte zu sichern) erspähte ich futuristische Terminals, die eine beschleunigte Einreise für Inhaber elektronischer Visa versprachen. Nur: Ein solches elektronisches Visa mussten doch 90% der hier Wartenden haben? Warum nutzte dann keiner diese Alternative? Dem inneren Drang des Herdentieres widersprechend, verließen wir unseren sicheren Platz im mittleren Drittel der Herde und versuchten unser Glück. Eine gute Entscheidung! Der nicht ganz einfach zu bedienende Apparat nahm unsere Fingerabdrücke, vermaß und fotografierte uns und scannte unseren Passport. Am Ende stellte er uns 2 Quittungen aus (die in Ihrer Anmutungen eher Parkhaustickets, denn irgendwelchen amtlichen Dokumenten glichen) und wies uns in einen menschenleeren Gang, an dessen Ende ein einsamer Zöllner erkannte, dass der "Zug der 500" nicht ganz ohne Arbeit an ihm vorbei gehen würde... Kurz die Quittungen und Pässe gezeigt, 2-3 Fragen beantwortet und ab dem Wort "Honeymoon" in den Genuss beschleunigter Behandlung gekommen. Unsere Einreise hatte also weniger als 10 Minuten gedauert - ein guter Anfang im 'Land of the Free'!

Der Miami International Airport ist im Vergleich zum Frankfurter Flughafen zwar nur ein Fliegenschiss auf der Landkarte, aber leider recht verstreut und weitläufig angelegt. So bestand das erste Abenteuer bereits darin, unsere Mietwagenstation von Alamo zu finden. Die Ausschilderung war aber dann doch ausreichend und nach einem gefühlten Kilometer Fußmarsch und einem kurzen Trip mit dem 'Miami-Mover' (ganz nettes Gefährt, vermutlich war die Fluchtbahn aus einem James-Bond-Bösewicht-Versteck stilistisches Vorbild) erreichten wir endlich das Gebäude mit den ganzen Car-Rentals und wanderten zielstrebig zum Schalter von Alamo. Hier kamen wir dann zum ersten Mal mit der sprichwörtlichen Freundlichkeit in diesem schönen Land in Berührung. Eine wirklich ausnehmend nette junge schwarze Dame (die zudem noch hübsch anzuschauen war und nur begrenzt an der Volkskrankheit. Nr. 1 - Übergewicht - zu leiden schien) nahm sich unserer kompetent, unkompliziert und schnell an. Dann ging's ab in die Tiefgarage unserem Gefährt für die nächsten 3 Wochen entgegen. Ein Mustang Cabrio sollte es sein. Doch oh Schreck, der zugegebenermaßen eindrucksvoll große Alamofuhrpark hielt nur einen Wagen des georderten Typs in biederstem Bordeauxrot bereit, der uns so gar nicht ansprechen wollte. Ähnlich unschlüssig wie in der Säuglingsstation, wenn man mit der harten Realität konfrontiert wird - überlegten wir kurz ob es vielleicht Möglichkeiten gab unser weniger hübsches Baby gegen ein attraktiveres zu tauschen... da nahm uns auch schon eine weitere Mitarbeiterin in Empfang (wieder schwarz, wieder attraktiv, allerdings etwa doppelt so schwer wie die Kollegin am Schalter), die mit ebenso unkomplizierter Freundlichkeit gesegnet war. Nach einem kurzen Blick auf den allein stehenden Mustang, der so einsam da stand, als hätte ihn in seinem traurigen Bordeauxrot gerade die Flut angespült, brabbelte sie in feinstem Amikauderwelsch etwas vor sich hin und führte uns zu einer weiteren Reihe mit einer Schwadron funkelnder Camaros. In deren Mitte ein toll aussehendes Exemplar in leuchtendem Gelb stand. Meiner Frau vom Auftritt zu martialisch und der Farbe zu extrovertiert, stellte sich die Frage für mich nicht und in Erinnerungen an ‘Bumblebee‘ aus den unsäglichen Michael-Bay-Transformers Spektakeln schwelgend, war die Entscheidung gefallen! "This one, Sir?" - "Yeah - this one!" Trotz einer Fahrzeugdimension a la Audi A6 oder 5er BMW und dementsprechend großzügigen Platzverhältnissen im Innenraum, nahm sich das Gepäckabteil des Wagens doch überaus bescheiden aus. Selbst das Audi A3 Cabrio (jetzt auch nicht der Inbegriff von Nutzwert, der Wagen) meiner Tante hat im Vergleich zum Chevrolet Camaro einen Kofferraum von geradezu fürstlichen Dimensionen... Bevor also meine Frau begann, die Fahrzeugentscheidung zu hinterfragen und den Vorschlag machen konnte, sich doch in die großzügige und vernünftige Anonymität eines Minivans koreanischer Bauart zu flüchten, flugs das Gepäck (vor ihren staunenden Augen - gepaart mit offen stehendem Mund) entschlossen auf den Rücksitz geschmissen und mit dem Starten des Motors signalisiert, dass hier jede Diskussion über die Eignung des Camaros für eine Rundreise beendet ist, bevor sie auch nur beginnen konnte.

Also raus aus dem Parkhaus, hinein in die urbane Verkehrshölle. Rushhour um 14:30 Nachmittags? Scheinbar schon! Mit halb leerem (Angela) bzw. komplett ohne (Sven) Koffer angereist, war unser erstes Ziel die Dolphin Mall. Nach Googlemaps zu urteilen nur einen Katzensprung vom Flughafen entfernt, erwies sich die Fahrt dorthin im nachmittäglichen Großstadtverkehr allerdings als sehr zäh und wir benötigten schließlich eine gute Stunde bis wir dort waren.

Also hinein ins Getümmel - doch was war das? Erwartet hatten wir ein Shoppingparadies, welches seine deutschen Äquivalente - wie das uns bekannte Main-Taunus-Zentrum in Frankfurt z.B. - im Vergleich aussehen lassen sollte wie das Spaceshuttle Karl Benz' ersten Motorwagen - doch weit gefehlt! Es war NICHT größer, es war NICHT günstiger (Preisvorteile durch Währungsschwankungen außen vor gelassen) und es war NICHT besser... Nun gut - das Beste draus gemacht, die Atmosphäre genossen und nach zwei bescheidenen "buy two, get discount" Deals im Converse und im Levis Laden und dem obligatorischen Kofferkauf (Angelas Exemplar sollte sich ja nicht so alleine fühlen auf der Rückbank) nach Einbruch der Dunkelheit die Dolphinmall - nicht ohne ein Gefühl der Desillusionierung - verlassen.

Ich habe im Vorfeld ja auf den bekannten Plattformen (Tripadvisor u. ä.) über die Mall gelesen - aber ehrlich das Ding ist in keiner Hinsicht etwas Besonderes - wer angesichts dieser Mall in Begeisterungsstürme ausbricht, muss das letzte Mal wohl in Nordkorea einkaufen gewesen sein. Hier gibt es nix, was wir in Europa nicht genau so auch oder (das schon eher) in weit besserer Form haben. Naja - sollte ja nicht unser letzter Shoppingversuch gewesen sein...

Da wir am nächsten morgen früh zu den Florida Keys aufbrechen wollten, hatte ich ein Hotel in südlicher Randlage des Großraums Miami - in Homestead - herausgesucht. Nach gut einer Stunde Fahrt im offenem Wagen, dem Genuss der lauen, 25 Grad warmen Novemberluft und dem entspannten Dahingleiten bei 60 Meilen auf dem Highway, (erstaunlicherweise entspannt es wirklich und das Langsamfahren nervt kein bißchen) erreichten wir schließlich gegen 21:00 das Floridian Hotel in besagtem Homestead. Die Unterkunft war günstig, verkehrstechnisch für unsere Zwecke exzellent gelegen und leidlich sauber. Zum Beleg dass wirklich geputzt wurde, hat man noch geschätzte zehn Liter Chlorwasser im Zimmer versickern lassen, was eine Geruchsatmosphäre irgendwo zwischen Schwimmbadbesuch in einem Ostblockstaat und Chemieunterricht im Polytechnikraum erzeugte. Aber gut - für eine Nacht konnte man damit leben und günstig war es ja nun mal auch. Zum Hotel sonst kann ich nichts sagen, da wir um 22:00 Uhr groggy in die Betten gefallen sind und dank Genosse Jetlag bereits um 5:30 wieder auf den Beinen waren. Für eine Zwischenübernachtung ist es aber durchaus brauchbar.

Fazit & Klischeeabgleich:
  • Die Amis sind tatsächlich freundlicher und deutlich dienstleistungsorientierter als wir
  • Übergewicht scheint ein ernstes gesellschaftliches Problem zu sein, wenn es auch beruhigend für jemand korpulenten wie mich ist, ständig vor Augen geführt zu bekommen, dass "noch mehr geht"
  • Vieles ist (trotz günstigem Wechselkurs 1:1,4) nicht billiger als in Europa, anders als oft behauptet
  • Als Teil der westlichen Welt sind die allgemeinen Unterschiede zu Europa zwar existent, aber doch geringer als man gemeinhin glaubt - am augenfälligsten aber: Es ist alles doppelt so groß. Dimension der Autos, Breite der Straßen, Größe der Mahlzeiten, Gewicht der Leute, Warenangebot in den Läden, Abmessungen der Gebäude, etc. Mit der Faustregel "nimm alles mal 2" beschreibt man es ganz gut.

Fixkostencheck:
  • 1.250,- EUR Flüge (direkt über Lufthansa HP gebucht, 6 Monate vorher)
  • 550,- EUR Mietwagen Convertible Alamo Gold für 15 Tage (über billiger-mietwagen.de, 2 Monate vorher)
  • 45,- EUR Floridien Hotel, Übernachtung/Frühstück (über booking.com, 6 Monate vorher)
 

topefa

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:yes: Super, das fängt ja äußerst unterhaltsam an! Deine Schreibweise und Vergleiche gefallen mir. (y) Weiter so!

Es ist immer interessant zu sehen, wie Ersttäter alles erleben u. versetzt einen in dem einen oder anderen Punkt in selige Erinnerung. Bin sehr gespannt auf die Fortsetzung und hoffe natürlich auch auf fotographische Dokumentationen Eures Honeymoons!

Vielen Dank, dass Du dem Forum diesen RB zur Verfügung stellst!

LG und Helau,

Topefa
 

topefa

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Auf was hoffte ich? Fotographische Dokumentationen..... Kaum hatte ich den Absende-Button für meinen Beitrag gedrückt, sprang mir just Euer Riesen-Portrait aus dem Flugzeug ins Gesicht! o_O Frei nach dem Motto "Überleg' Dir gut was Du wünscht!". War Spaß, so schnell wurde mir noch kein Wunsch erfüllt :yes:. Vielen Dank für die zügig folgenden Fotos, es fängt wirklich gut an. :-D

Topefa
 
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Bambam77

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Tja - vielen Dank für Eure Rückmeldung soweit! Freut mich wenn's Spaß macht zu lesen - Tag 2 habe ich noch für Euch - weiter gehts dann heute oder morgen Abend.
 

shorty1960

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Ja cool....wir waren auch letztes Jahr im November zum ersten mal in Florida und waren einen Tag später im gleichen Hotel!!!....da bin ich ja gespannt wie sich unsere Routen überschnitten haben!
 
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Bambam77

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TAG 2 / 7. November 2014 / Homestead-Marathon-Bahia Honda-Key West

Nach äußerst kurzer Nacht in einem - für europäischen Geschmack, doch zu weichen, dabei aber keinesfalls unbequemen – Boxspringbett (mehrere Matratzenschichten übereinander, kein Lattenrost), wachten wir gegen 5:30 auf und verbrachten die Stunde bis zum mitgebuchten Frühstück mit der journalistischen Analyse diverser Morgenmagazine - gegen deren professionelle Aufmachung sich vergleichbare Sendungen hierzulande ausnehmen wie etwas besser aufbereitete Homevideos. Umso erstaunlicher, wenn man den Umstand bedenkt, dass es sich hier nicht um landes- oder gar bundesweit ausgestrahlte Magazine handelt, sondern für quasi jeden Landkreis ein eigenes solches Format zu existieren scheint. Und auch wenn sich das unmöglich mehr als ein paar tausend Leute anschauen können, ist die Qualität jeder einziger dieser Newssendungen höher, als das was hier bei uns einem bundesweiten Millionenpublikum zugemutet wird. Beim TV gilt also eher x10 und nicht x2...

Nun zum Frühstück - ein im Zimmerpreis inkludiertes Frühstück in einem amerikanischen Hotel ist in etwa so selbstverständlich, wie hierzulande freundliches Personal, also eher selten bis gar nicht anzutreffen. Ja, viele Hotels bieten ein Frühstück nicht einmal optional gegen Mehrpreis an und haben gar keinen eigenen Restaurantbereich. Nicht so das Floridian! Ein doch überdurchschnittliches Angebot erwartete uns, wenn auch mit den in diesem Land unvermeidlichen Einschränkungen - was zivilisierte Nahrungsaufnahme angeht - verbunden. Plastikgeschirr und -Besteck, Pappbecher (die man praktischerweise allerdings auch gefüllt mitnehmen darf) und bis auf die Rühreier ausschließlich abgepackte Lebensmittel, lassen einen doch hinterfragen wie die Menschen dort, welche Genussmittel derart lieblos und aufs Zweckmäßigste reduziert dargereicht bekommen, so übermäßig davon Gebrauch machen, dass sie aus allen Nähten zu platzen drohen? Nun ja - etwas ambivalent gestimmt ob dieser Eindrücke, begann meine Frau sich durch alles ihr Unbekannte durchzuprobieren und hatte schließlich in einem Produkt namens Oatmeal der Firma ‘Quaker State‘ ihren Favoriten gefunden. Einer haferschleimartigen Substanz, die es in allerlei verschiedenen Geschmacksrichtungen gibt und die mit Milch aufgegossen in den überall inflationär bereit stehenden Mikrowellen erwärmt wird. Obwohl ich wenige Erinnerungen an meine Säuglingzeit habe, kamen hier frühkindlichste Fütterungserlebnisse hoch – bäh, nicht für mich bitte. Ich beschränkte mich dementsprechend dann auf Toastbrot und amerikanischen Filterkaffee (der übrigens besser als sein Ruf ist).

Um 7:30 ging es dann los auf große Fahrt gen Süden. Unzählige Brücken und Inseln lagen zwischen uns und unserem Tagesziel - Key West. Es besteht wohl allgemein Uneinigkeit darüber, ob die Fahrt die Keys entlang nun landschaftlich reizvoll oder monoton und eintönig ist - unsere Meinung hierzu ist eindeutig: Es ist ein atemberaubendes Erlebnis! Den ‘Overseas Highway‘ zu befahren verleiht der Floskel 'der Weg ist das Ziel' ungeahnte Bedeutung und macht die Fahrt einfach unvergesslich. Es ist wahrhaft beindruckend über eine leere Brücke zu fahren, gefühlt mitten im Nirgendwo - links der atlantische Ozean und rechts der Golf von Mexico. Es ist in dem Zusammenhang auch dringendst davon abzuraten die Strecke unter Zeitdruck oder gar bei Dunkelheit zu befahren - wie auch von uns ursprünglich geplant und nach diversen Hinweisen in Foren glücklicherweise wieder verworfen…

Nach gut zweieinhalb Stunden gemächlicher Fahrt durch diese beeindruckende Umgebung machten wir unseren ersten Tagesstop in Marathon, auf etwa der Hälfte der Strecke. Hier schauten wir uns zunächst den ‘Sombrero Beach‘ an – ein sehr gepflegter, nicht zu großer Strand mit herrlich türkisfarbenem Wasser in Karibikqualität. Da wir allerdings weder Badetücher noch Badesachen hatten (wollten wir ursprünglich in der Dolphin Mall kaufen) und wir auch noch einen Badestopp für den weiteren Tag eingeplant hatten, beließen wir es bei einem kurzen Besichtigungsaufenthalt an diesem empfehlenswerten Strand und zogen weiter zum Turtle Hospital, welches ebenfalls in Marathon liegt.

Sofern man sich für Tiere interessiert, ist der Besuch dieser Einrichtung eine unbedingte Empfehlung. Man bekommt auf der etwa einstündigen, geführten Tour wirklich sehr interessente Einblicke in die Arbeit des Hospitals und wir waren doch negativ überrascht und erschüttert darüber, wie gefahrvoll das Leben dieser wundervollen Tiere in den Gewässern Floridas zu sein scheint. Verletzungen durch die Schiffsschrauben von Außenbordern und der Verzehr der im Wasser treibenden Abfälle sind die häufigsten Gründe für einen Aufenthalt dort. Von den über 50 Patienten sind einige so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass sie zu Dauerpatienten der Einrichtung werden – ohne jemals wieder in Freiheit zu kommen. Leider überschwemmte uns unser aus Pennsylvania stammender Guide mit einer derartigen Fülle an Informationen (in einer Sprechgeschwindigkeit, die jedem Schnellauktionator zur Ehre gereicht hätte), dass wir bei weitem nicht alles aufnehmen konnten, was er zu erzählen hatte… Dennoch ein wirklich interessantes Erlebnis für überschaubaren zeitlichen und finanziellen Aufwand.

Da wir für unser Nachmittagsvorhaben unbedingt noch Handtücher und eine Badehose für mich erwerben mussten, hatten wir bereits während der Fahrt Ausschau nach entsprechenden Läden gehalten. Hierbei war uns das ‘Sandal Factory Outlet‘ ins Auge gestochen, welches gefühlt alle 5 Milen eine Filiale auf den Keys unterhält. Obendrein wurde mit einer “Buy one Shirt - get two free“ Offerte geworben. Also hinein in unser zweites Shoppingerlebnis. Hinein in die zweite Enttäuschung. Ein wirklich schlecht sortierter, durchweg hochpreisiger Laden (von der Specialoffer war inside dann auch nichts mehr zu sehen), der im Vergleich zum Marktführer (leider kannten wir Ron Jons Surfshop zu diesem Zeitpunkt noch nicht) in allen Belangen den Kürzeren zieht und sich wie gesagt als Enttäuschung auf ganzer Linie erwiesen hat. In Marathon gibt es glücklicherweise aber auch einen ‘Publix‘ mit wirklich universellem Angebot, so dass wir hier nicht nur die Strandutensilien, sondern auch noch eine Kühlbox samt Getränken erstehen konnten und weit günstiger weg kamen als bei besagtem ‘Sandal Outlet‘. Outlet allgemein ist ein in den USA übrigens recht inflationär benutzter Begriff und weist in den meisten Fällen leider eben nicht auf einen Fabrikverkauf zu vergünstigten Preisen hin, sondern wird nach unserer Erfahrung oft als Etikett zur Tourieabzocke missbraucht. Da die Uhr mittlerweile die Mittagsstunde überschritten hatte, meldete sich auch unser Magen zu Wort und wir suchten als nächstes die unweit gelegene Dependance des Wirtshauses ‘zum goldenen M‘ auf. Wir sind beide Vegetarier und hatten dementsprechend keine allzu großen Erwartungen an die Reichhaltigkeit des Angebotes (ich hatte mich aus rein investigativen Gründen allerdings im Vorfeld des USA-Urlaubs dazu entschlossen mit dem Nichtfleischessen für die Dauer des Aufenthaltes auszusetzen…), was sich auch so bestätigte. Das Preisniveau bei McDonalds zeigte sich verdächtig niedrig (Cheeseburger 0,69 Ct) und bedurfte einer dringenden Überprüfung, die sehr ernüchternd ausfiel… Für dieses lieblos zusammengeklatschte Etwas waren selbst besagte 0,69 Ct zuviel! Vom Geschmack ganz zu schweigen! Mein erstes Stück Rindfleisch seit zwei Jahren und dann diese Enttäuschung! Anno 45 aus dem Krieg zurückgekehrte Veteranen können beim Anblick zerbombter Innenstädte nicht enttäuschter drein geschaut haben, als ich in diesem Augenblick… Ich fasste für den Rest der Urlaubs den Plan der Sache auf den Grund zu gehen und jedem Laden der Burger offerierte eine Chance zu geben, diese – auch noch vom Marktführer verursachte – Blamage wieder gut zu machen…

Weiter ging es die Keys hinab und am frühen Nachmittag erreichten wir den ‘Bahia Honda State Park‘ auf dem gleichnamigen Bahia Honda Key. Wahrlich ein Ort, den man gesehen haben muss! Wir steuerten direkt die kleine (von vielen Fotos bekannte) Bucht zwischen den beiden Brücken an und ließen uns zum Sonnen- und Wasserbad nieder. Nachdem ich die Autoschlüssel an meine Frau weiter gegeben hatte und das erste ‘Bud Light‘ aus unserer Kühlbox genommen hatte, wurde mir klar: Es ist ein toller Tag! Nach 2 Schwimmexkursionen, 4 (kleinen) Dosen Dünnbier und einem halben Ken Follett Roman zeigte meine Frau noch immer keine Ermüdungserscheinungen das Sonnenbaden betreffend… Doch so faul sollte der Nachmittag nicht zu Ende gehen – ich wollte ja noch etwas sehen von diesem paradiesischen Flecken Erde! Zumindest der Aufstieg auf die stillgelegte Brücke sollte schon noch drin sein. Nach dem ich mit Engelszungen die Einzigartigkeit dieses Ortes beschworen hatte und heraus gestellt hatte, dass diese nicht in dem – zugegebenermaßen sehr schönen (nur durch leichte Seegrasansammlungen von absoluter Perfektion entfernten) Strandabschnitt lag, sondern der Park noch mehr zu bieten hatte, überzeugte ich Angela den Aufstieg zu wagen… Oben angekommen genossen wir einen herrlichen Ausblick über das Meer und den Park. Besonders beeindruckend ist der Blick auf den stillgelegten Brückenabschnitt, bei dem man sehr schön vor Augen geführt bekommt, wie die Natur sich von Menschen gemachtes zurückholen wird. Wirklich erstaunlich wie stark der massive Beton alleine durch die Witterung der Jahre in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Stimmung schwankt zwischen Paradies und Endzeitfilm.

Unseren eigentlichen Plan – den Sonnenuntergang vom Mallorysquare in Key West aus zu beobachten – hatten wir bereits ad acta gelegt, wollten aber dennoch vor Einbruch der Dunkelheit in Key West sein. So brachen wir am späten Nachmittag auf und erreichten am frühen Abend unsere Unterkunft für die nächsten beiden Tage, das ‘El Patio Motel‘ in Key West.

Ein nettes kleines Hotel, welches aufgrund seiner recht zentralen Lage, den ausreichend vorhandenen Parkplätzen und nicht zuletzt des halbwegs akzeptablen Preises wegen, unsere Heimat für die nächsten beiden Nächte werden sollte. Das Preisniveau in Key West an Wochenenden erreicht übrigens astronomische Höhen – unsere Reiseroute brachte es leider mit sich, dass wir von Freitag bis Sonntag dort waren, bei erneutem Aufenthalt würde ich aber ganz klar einen Termin unter der Woche vorziehen – Aufschläge von >100%!!! am Wochenende sind die Regel! Am frühen Abend hatte uns das Jetlag bereits wieder eingeholt und aufgrund des anstrengenden Tages ergaben wir uns nach einem ganz kurzen Abstecher auf die Duvalstreet der Müdigkeit und sind bereits gegen 21:00 tot ins Bett gefallen.

Fazit & Klischeeabgleich:
  • Meine Frau liebt amerikanische Supermärkte und deren wahrlich gigantisches Angebot! Ich glaube ihr erstes Urlaubsfoto war eine Wand voll Oreopackungen in unzähligen Sorten. Es ist also nicht nur alles doppelt so groß und es gibt nicht nur von allem doppelt so viel – nein, es gibt von allem auch mindestens doppelt so viele Varianten!
  • Obwohl man für vergleichbare Strecken deutlich mehr Zeit als hierzulande benötigt, ist das Autofahren streßfreier. Ja - schleichen kann Spaß machen
  • Der Fraß, der einem in den USA im McDonalds offeriert wird, ist eine nicht hinzunehmende Zumutung
  • Softgetränke in Restaurants schmecken so wie die Hotelzimmer riechen – nach Chlor. Bäh

Fixkostencheck:

  • 40,- EUR Eintrittsgelder Bahia Honda & Turtle Hospital
  • 120,- EUR Übernachtung ohne Frühstück El Patio Motel
 

topefa

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Du lachst vielleicht, aber die Oatmeals sind ein fester Bestandteil der (gesunden) englischen Frühstückskultur weltweit, ebenso wie die deftige Variante mit Biscuits/Toast, Eiern, Bacon/Würstchen, Gravy, im Süden noch 'accompanied by' grits, etc.. Und natürlich die begehrten Pancakes, Waffles & Co., alles :yum:. Wenn ich nicht schon gespeist hätte, würde ich jetzt Hunger bekommen.

Habt Ihr eigentlich auf Islamorada den riesigen Outdoor-Laden "World Wide Sportsman" gesehen? Mit großem Parkplatz davor inkl. gebogener Palmen und eine schöne Schaukelstuhl-Veranda auf der Rückseite, von der aus man zu Bootsstegen mit einem Freiluft-Restaurant/Bar gelangt :yes:. Innen eine Replika von Hemingways Boot. Empfehlenswert für kurzen Stopp und um einen Einblick in die amerikanische Outdoor-"Kultur" zu bekommen.

Ebenso "Robbies Marina" mit dem Tarpon füttern, von der hier schon oft berichtet wurde.

Wenn nicht, gibt es noch was für ein "nächstes Mal"....nicht wahr?!

LG,
Topefa
 
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Bambam77

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Du lachst vielleicht, aber die Oatmeals sind ein fester Bestandteil der (gesunden) englischen Frühstückskultur weltweit, ebenso wie die deftige Variante mit Biscuits/Toast, Eiern, Bacon/Würstchen, Gravy, im Süden noch 'accompanied by' grits, etc.. Und natürlich die begehrten Pancakes, Waffles & Co., alles :yum:. Wenn ich nicht schon gespeist hätte, würde ich jetzt Hunger bekommen.

Habt Ihr eigentlich auf Islamorada den riesigen Outdoor-Laden "World Wide Sportsman" gesehen? Mit großem Parkplatz davor inkl. gebogener Palmen und eine schöne Schaukelstuhl-Veranda auf der Rückseite, von der aus man zu Bootsstegen mit einem Freiluft-Restaurant/Bar gelangt :yes:. Innen eine Replika von Hemingways Boot. Empfehlenswert für kurzen Stopp und um einen Einblick in die amerikanische Outdoor-"Kultur" zu bekommen.

Ebenso "Robbies Marina" mit dem Tarpon füttern, von der hier schon oft berichtet wurde.

Wenn nicht, gibt es noch was für ein "nächstes Mal"....nicht wahr?!

LG,
Topefa

Ja - ich habe im weiteren Verlauf der Reise schon gemerkt, dass Oatmeal wohl ganz populär dort zu sein scheint, ich kannte das aus englischsprachigen Ländern auch von diversen Frühstücksbuffets, allerdings nicht in der Variante "Hier ist das Päckchen - wenn Du's willst, mach's Dir gefälligst selber" :LOL: Nun ja - mein Ding ist es nicht - der von Dir beschriebene deftige Teil spricht mich da schon deutlich mehr an...

Lol - nein, die Geschäfte haben wir leider nicht gesehen. Vielleicht hätte mich auch das "Sportsman" im Namen abgeschreckt...;) Beim nächsten mal dann!
 

tinchen64

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Schöner Reisebericht :yes:. Freu mich auf mehr... Im Mai sind wir auch das erste Mal in Florida.
 

holgipezi

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Hallo Sven & Angela!
Dankeschön, dass Ihr für uns alle (und bestimmt auch für Euch selbst) Euern Urlaub nochmals Revue passieren lässt. Ich freue mich drauf!
LG Petra
 
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