Mittags gibt’s einen Hot Dog. Hot Dog essen gehört in New York dazu, das sieht sogar die sonst nicht so Fast Food-affine Mutter ein.
Sie verzichtet aufs Sauerkraut, damit schmeckt er ihr dann auch ganz gut. Der Ehemann und ich wählen die Komplettvariante mit Zwiebeln und Kraut.
Danach trennen sich unsere Wege. Der Ehemann geht auf Fototour rund um das Oculus, wir nochmal aufs Klo vor der langen Bustour. Wir fahren mit Top View, das sind die roten Busse, so wie auch alles andere hier rot ist, von den Kopfhörern für den Audioguide bis zu den Hemden der Mitarbeiter.
Die Haltestelle ist ein Stück den Broadway hinauf, genau gegenüber des zur City Hall gehörenden Parks. 14 Uhr soll es los gehen, aber daraus wird nichts, die ersten zwei ankommenden Busse sind voll. Die Warteschlange ist zwar nicht lang, aber es steigt kaum jemand aus. Unsere Haltestelle scheint an keinem besonders attraktiven Ort zu liegen.
Ob das an den allgegenwärtigen Müllbergen liegt? 😉
Erst im dritten Bus kommen wir mit, da ist schon eine gute halbe Stunde vergangen.
Wir ergattern aber schöne Plätze auf der rechten Busseite auf dem Oberdeck. Den Audioguide stöpsele ich mir nur in ein Ohr, damit man sich noch unterhalten kann. Wie oft bei solchen Veranstaltungen funktioniert die Technik nur unzureichend, der Text knarzt und knackt und die Lautstärkeregelung bedarf einer sehr nachdrücklichen Behandlung, bevor sie reagiert.
Wir streifen Chinatown, dann geht es unter der Brooklyn Bridge hindurch um die Südspitze, am Battery Park vorbei über die West Street hinauf wieder nach Norden. Wir sind keine „Hopper“, sondern wollen uns einfach einmal um Manhattan fahren lassen, wir haben noch genügend individuelle Ausflüge vor. Vorwärts geht es nur stockend, das ist aber nicht nur von Nachteil, denn in den „Stehphasen“ kann man schön in die Fenster der New Yorker Nobelwohnungen hineinblicken, deshalb haben wir auch Plätze auf der rechten Busseite bevorzugt. Orchideen sind beliebt, außerdem hübsche Lampen auf den Fensterbänken.
Wir erfahren, wo Hugh Jackmann wohnt. Die Nobelbutzen wechseln sich mit leerstehenden Häusern mit Pappkarton anstelle von Fensterscheiben ab, sehr merkwürdig, daß es hier sowas überhaupt gibt. Wir lernen, daß Begriffe wie Soho und Tribeca, die ich immer für Eigennamen gehalten habe, eigentlich nur Akronyme sind, die Bezirke umschreiben.
Weiter nördlich sehen wir die futuristischen Pflanzeninseln von Little Island, und auch an der Intrepid, die später bei uns irgendwie in Vergessenheit geraten wird, fahren wir vorbei. Dann biegt der Bus in die 42nd Street und als ich mich schon freue, daß nun das richtige wilde New Yorker Leben beginnt, ist es auch schon wieder zuende.
Direkt vor der Port Authority ist nämlich Endstation. Vermutlich war die Information irgendwo im Kleingedruckten verborgen, aber mir war entgangen, daß man für die Tour nach Uptown um den Central Park herum den Bus wechseln muß. Wie man dem Verhalten der meisten anderen Mitreisenden entnehmen kann, ihnen auch.
Der Bus, mit dem es weitergeht, parkt gleich um die Ecke in der 8th Avenue. Die paar Meter zu Laufen ist nicht weiter schlimm und unternehmerisch macht es ja auch Sinn, nicht einen einzelnen Bus durchfahren zu lassen, sondern die Tour zu splitten. Der Nachteil für uns ist nur: Als wir in der 8th Street ankommen, ist der letzte Bus nach Uptown bereits abgefahren. 16 Uhr, wird uns erzählt, startet hier die letzte Runde, und die haben wir knapp verpaßt.
Wir sind kurz enttäuscht, aber richtig schlimm ist es nicht, den Central Park und was uns drumherum noch interessiert, werden wir die nächsten Tage noch allein genauer anschauen, von daher nehmen wir einfach den nächsten Bus zurück nach Downtown. Die Fahrt dauert dann nochmals gute eineinhalb Stunden, so daß wir rückblickend denken, daß uns die große Runde vielleicht auch zuviel geworden wäre. So viel Input an einem Tag macht müde und die richtig wilden Sachen kommen ja jetzt erst noch.
Wer jedoch wirklich mehrmals während der Fahrt aussteigen möchte, und das auch noch auf der großen Runde, sollte nicht den gleichen Fehler machen wie wir, sondern sich einen ganzen Tag dafür Zeit nehmen. Schon aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens geht es nur langsam voran. Außerdem ist, wie wir es erlebt haben, keinesfalls sicher, daß man bei Weiterfahrt gleich in den nächsten Bus einsteigen kann. Wir haben Haltestellen an begehrteren Plätzen wie dem Battery Park gesehen, an denen die Leute Schlange standen, um die Tour fortsetzen zu können. Um 14 Uhr zu starten, so wie wir, ist einfach zu spät.
Zwischendurch meldet sich der Ehemann. Ihm geht es gut, er langweilt sich kein bißchen ohne uns, tolle Sachen hat er gesehen. Und Freundschaften geschlossen.
Den Streckenverlauf zurück nach Süden zu verstehen, gelingt uns, als Ortsunkundigen, erst rückblickend. Wir durchqueren mehrere Seitenstraßen, in denen die Leute gedrängt vor den Eingängen der Off-Broadway-Theater warten.
Dann zurück auf den Times Square, wo wir aus der Entfernung sogar den Naked Cowboy ausmachen können. Leider nur von hinten mit Blick auf seine weiße Schiesser Feinripp mit Namenschriftzug, was dem Eindruck des „naked“ doch ein wenig Abbruch tut. 😉
Auf den Straßen ist es so wuselig, daß man überhaupt nicht weiß, wohin man zuerst schauen soll. Man hat permanent das Gefühl, etwas zu verpassen. Durch das ruckelige Stop and Go des Busses werden viele der Fotos nichts, nur während der Rotphasen der Ampeln gelingt dann ab und zu eines.
Das ist keiner der üblichen dampfenden Gullys, der brennt lichterloh.
Der Times Square nimmt Abschied von Lisbeth.
Dann geht es die 7th Avenue hinunter, einmal um den Pudding rund um die Penn Station und über die 6th Avenue vorbei am Empire State Buildung auf die 5th zum Flatiron Building.
Das kenne ich natürlich von Bildern, nur leider ist es aktuell eingerüstet, was die spezielle Geometrie des Gebäudes ein bißchen kaschiert. Als ich die Mutter auf die Form und den sich daraus ergebenden Namen hinweisen will, sagt sie nur, das sei doch sonnenklar. Flatiron = Plätteisen, sei doch leicht zu verstehen. Ganz schön schlau, meine Mama.
Danach geht es zurück auf den Broadway, wir streifen wieder den Rand von Chinatown, was man hier aber nur an den roten Glücksknotenanhängern an den Laternen erkennen kann. Dann ist es nicht mehr weit und wir stehen wieder vor der City Hall.
Der Ehemann erwartet uns vor dem Millenium und erzählt von seiner umfangreichen Tagesausbeute an Fotos von all den verrückten Sachen, die hier zwischen Broadway und One World Tower passieren. Außerdem hat er sich zwei der Hochglanzmagazine über das World Trade Center und die Anschläge des 11. September, die hier rund um den One World Tower verkauft werden, zugelegt. Ungefähr drei oder vier Stammverkäufer teilen sich den Platz hier vor dem Millenium, einer davon, der die Anschläge selbst miterlebt hat, verkauft ein Heft, in dem er selbst abgebildet ist. Er trägt es an der entsprechenden Stelle aufgeschlagen vor sich her: That's me, that's me! Er ist auf dem Foto unter der dicken Schicht aus gelbem Zementstaub auch gut erkennbar.
Der Ehemann hat seine Hefte aber von einem anderen Verkäufer, der sich die Bank vor dem Hotel mit ihm teilt. Sie sind am plaudern als wir ankommen. Sympathischer Typ, Metin, stellt er sich vor.
Wir können natürlich nicht wissen, ob Metin zu allen seinen Kunden so freundlich ist, aber wir werden in den kommenden Tagen noch erheblich von seinem Insiderwissen profitieren. Er kennt die besten Tourguides, hat den Bau des Oculus mit all seinen Problemen miterlebt, er erklärt uns das Subwaysystem, versorgt den Ehemann tagsüber auf seinem Fotoposten mit Sandwiches und Saft und gibt uns die besten Tips in welchen Seitenstraßen des Broadway man Restaurants findet.
Bezüglich des Frühstücks rät er uns von einem erneuten Besuch des Food Hubs im Oculus ab. Da drüben sei es gut, meint er, und zeigt auf ein würfelförmiges Gebäude ein Stück die Church Street hinunter. Eataly, steht daran, nettes Wortspiel.
Das werden wir dann morgen mal ausprobieren.
Heute sind wir zu erschossen, um uns noch groß durch die Müll-Labyrinthe in die Tiefen des FiDi zu begeben.
Es wird der Einfachheit halber der Burger King direkt neben dem Eataly. Die Mutter ist nach der gestrigen positiven McDo-Experience jetzt relativ aufgeschlossen, den Rest gibt die Tatsache, daß wir Metins Hochglanzmagazin entnehmen, daß dieser Burger King eine fundamentale Bedeutung bekam, als die Anschläge am 11. September geschahen. In diesem Gebäude wurde das Headquarter des New York Police Department untergebracht.
Die Burger sind dann auch wieder gut, die Mutter sagt allerdings, daß King-Nuggets im Ranking hinter Mc-Nuggets zurückbleiben. Reisen bildet!
Der Abend klingt erneut auf den Bänken vor dem Millenium aus. Ich briefe Mutter und Ehemann, wann wir morgen am Battery Park sein müssen, denn morgen geht’s zur Freiheitsstatue und wir haben ja schon unseren Time-Slot gebucht.