Als wir im September letzten Jahres bei wolkenlosem Himmel aus einem schwülwarmen New York abreisten, dachte ich noch, daß wir dieses Jahr aber wirklich Sonne im Überfluß gehabt hatten und freute mich auf einen ruhigen, gemütlichen Winter.
Nach Dauerfrost oder Dauerregen, einer aus verschiedenen Gründen stressigen Vorweihnachtszeit und sonstigem Alltagsärger und ständigem Generve im Büro, spätestens Anfang Januar waren wir entschieden urlaubsreif und das Gefühl, fürs erste ausgiebig genug gereist zu sein, war vollkommen verflogen. Wir wollen nur noch los und sprachen ständig von Florida.
Die Reise sollte erholsam und nichts Aufregendes werden, also war die Planung schnell erledigt. Für die ersten Tage in Orlando wählten wir das gleiche Motel wie letztes Jahr, danach ginge es in unsere Stamm-Absteige in Lake City; es gab ein paar Ausflüge, die wir im Kopf hatten, aber im Wesentlichen wollten wir uns einfach treiben lassen, die Backroads erkunden und nach der ersten Woche in Orlando einfach vier Wochen im Wald „verschwinden“. Der Plan sollte voll aufgehen. Aufregend wurde es trotzdem.
Denn schon vor der Reise sorgte der fahrbare Untersatz für Spannung. Nach zwei in günstigen Kleinwagen verbrachten Florida-Reisen in Folge sollte es nun etwas „Besseres“ sein. Und je mehr sich das Preisniveau bei den Mietwagen wieder auf ein akzeptables Maß einpendelte, desto konkreter wurde beim Ehemann der Wunsch nach etwas Besonderem. Ein Dodge Challenger sollte es sein. Nur kann man ja, wie man weiß, kein konkrektes Modell buchen, sondern lediglich eine Kategorie, und ob es dann wirklich vor Ort einen Challenger für uns geben würde, mußten wir also abwarten.
Auch die Fluggesellschaft war Neuland für uns. Icelandair, zum Zeitpunkt der Reisebuchung die preislich günstigste Flugverbindung. Positiv daran war schon vorab, daß wir zu einer ungewohnt humanen Zeit starten würden, mittags um 14 Uhr an einem Montag.
Wir haben also zuvor ein ganzes Wochenende, um uns in Ruhe vorzubereiten, dann gemütlich ausschlafen, kein übermüdetes Herumstolpern zu nachtschlafender Zeit, sehr angenehm das alles.
So starten wir also vormittags um 11, das Taxi ist pünktlich und wir könnten gar nicht entspannter in den Urlaub starten. Das Gefühl hält nicht mal einen Kilometer lang an, denn schon vor der Haustür stellen wir uns direkt in den Stau.
Montagvormittag in Berlin, der Streßlevel steigt im gleichen Maß, in dem der Zeitvorsprung schrumpft. Dem Ehemann fällt obendrein ein, daß eine Banane in der Obstschale liegengeblieben ist und jetzt haben wir Gesprächsstoff für den Stau. Die Schuldfrage kann trotz ausgiebiger Erörterung wer zuletzt in der Küche war, wer den Kontrollgang vor Verlassen der Wohnung gemacht hat und wem die Banane ursprüglich überhaupt gehörte, nicht geklärt werden, aber zumindest, wer sie in den nächsten Tagen aus der Wohnung entfernen wird, bevor die Obstfliegen von unserer Wohnung aus die Weltherrschaft übernehmen.
Falls unserem Taxifahrer Loriot ein Begriff gewesen sein sollte, wird er gedacht haben, wir führen einen Sketch auf.
Irgendwann geht es wieder voran, das Bananenproblem ist geregelt und nun müssen wir es nur noch rechtzeitig ins Flugzeug schaffen und als wir uns in die vor dem Iclandair-Check in mäandernde Schlange einreihen, kommen da uns ernsthafte Bedenken.
Wir haben vorab keine Unterlagen hochgeladen und erleben es nun zum ersten Mal, daß wir unsere Esta-Ausdrucke vorzeigen müssen. Die Mitarbeiterin ist erstaunt, das müsse doch immer kontrolliert werden. Wurde es aber tatsächlich noch nie.
Trotz alledem schaffen wir es pünktlich durch die Security und zum Gate, was auch gut ist, denn auch Icelandair ist pünktlich. Danach fällt uns nur noch wenig Positives ein, das wir über diese Fluggesellschaft berichten könnten.
Aus irgendeinem sicher gut gemeinten Grund sind sämtliche an Bord befindlichen Kleinstkinder mit ihren Eltern nebeneinander platziert worden. Und mittendrin wir. Wir fühlen uns, als hätten wir uns unrechtmäßigerweise in eine Säuglingsstation geschlichen, aber am Ende wird es dann gar nicht so schlimm und die meiste Zeit des Fluges sind sie alle ruhig.
Wären die Kinder älter gewesen, hätte ich gemutmaßt, daß die Stille daher rührt, daß alle die Realversionen von Ella aus Frozen anstaunen, die als Stewardessen durch die Maschine stiefeln. Alle haben eine identische Haarfarbe, blond mit einem metallischen Glanz, und eine Haut, als wären sie ihr Leben lang mit Milch und Knäckebrot aufgezogen worden. Sie sehen sich alle ähnlich, aber es heißt ja auch, alle 400.000 Isländer auf diesem Planeten seien miteinander verwandt. Das Auftreten erinnert allerdings eher ein bißchen an die Frauen von Stepford.
Leider sind Service und Verpflegung entsprechend unterkühlt. Weder auf dem drei Stunden dauernden Zubringerflug nach Keflavik noch auf dem Transatlantikflug mit 7 Stunden gibt es außer für Selbstzahler etwas zu essen; und die Auswahl beschränkt sich auf belegte Sandwiches. Für mich grenzt das fast an Körperverletzung und schon aus diesem Grund würde ich mit dem Verein nicht noch einmal fliegen.
Von Island sehen wir außer einem kurzen Blick auf eine durchnässte tundraähnliche Landschaft beim Landeanflug und einer im Laufschritt absolvierten Runde durch den Flughafen bis zum nächsten Gate nicht viel.
Nur der Souvenirshop hat es in sich, so viele schöne Sachen. In Windeseile wandert ein kleiner Schnapsbecher aus Ton für die islandpferdebegeisterte Freundin ins Handgepäck.
Wir landen spätabends leicht ausgehungert in Orlando. Hier hat man das Einreiseprocedere geändert, erst Koffer holen, dann Immigration. Die Ankunftshalle gefällt uns gut. Hier ist eine an die floridianischen Quellen erinnernde Installation aufgebaut worden, sieht sehr hübsch aus und vertreibt die Zeit.
Die Einreise geht relativ schnell vonstatten, wir werden nichts gefragt und müssen nichts vorzeigen außer den Pässen, schnell ein Foto, dann geht es zügig zum Rental Car Center. Die Spannung steigt.
Der Ehemann regelt die Autoübernahme, dann geht es runter ins Parkhaus, wo jetzt in der Nacht nur noch ein Notschalter besetzt ist. Ein junger Mann nimmt unsere Papiere entgegen und der Ehemann hüpft aufgeregt von einem Bein aufs andere, was für eine Auswahl er denn nun hat. Jaaa, sagt der Alamo-Mitarbeiter, ich habe jetzt gerade überhaupt nur zwei Autos da, und zeigt um die Ecke.
Da stehen sie, zwei Sportwagen, einer schwarz, einer anthrazitfarben. Und beides sind Challenger!
Der Ehemann entscheidet sich für den schwarzen aus Louisiana. Mir gefällt das, darin werde ich mir vorkommen, wie eine Voodoopriesterin aus dem tiefsten Bayou, wenn wir zu den Quellen fahren!
Das Sitzgefühl ist bequem, aber der Wagen ist sehr tief, wannenartig, und die schwarze Farbe vermittelt umso mehr das Gefühl einer eingeschränkten Rundumsicht, zumindest für kleinere Personen.
Dann geht’s hinaus in die schwülwarme floridianische Nacht. Der Ehemann hat so einigermaßen die Orientierung, aber auf dem Orange Blossom Trail landen wir im Dunklen auf der falschen Auffahrt und merken auch diesmal, genau wie letztes Jahr, daß wir falsch sind, als wir das "schlimme" Day's Inn im Norden passieren. Normalerweise wäre das nach der langen Anreise nervenaufreibend, aber heute herrscht auf dem Fahrersitz nur andächtiges Schweigen.
Wir halten an einem Seven Eleven und nach einem Jahr das erste USA-Shopping, herrlich. Ein bißchen Knabberkram, bißchen was zu Naschen und viele Getränke, um über die erste Nacht und den ersten Morgen zu kommen.
Dann geht es langsam den Orange Blossom Trail nach Süden zum richtigen Day’s Inn neben der Auffahrt zum Turnpike und wir rollen wie die Könige vor die Rezeption. Und nach der hektischen Übernahme am Flughafen nehme zumindest ich ihn jetzt erst so richtig wahr, in seiner ganzen Pracht. Das wird jetzt unser fahrbarer Untersatz für die nächsten viereinhalb Wochen. Krass.
Eine Woche haben wir hier, noch für drei Tage gültige Jahreskarten fürs Gatorland und zwei weitere Tage für andere Aktivitäten, und in der Zeit werden wir so einige Male den Trail rauf und runter fahren. Ein Orange Blossom Special sozusagen.
Nach Dauerfrost oder Dauerregen, einer aus verschiedenen Gründen stressigen Vorweihnachtszeit und sonstigem Alltagsärger und ständigem Generve im Büro, spätestens Anfang Januar waren wir entschieden urlaubsreif und das Gefühl, fürs erste ausgiebig genug gereist zu sein, war vollkommen verflogen. Wir wollen nur noch los und sprachen ständig von Florida.
Die Reise sollte erholsam und nichts Aufregendes werden, also war die Planung schnell erledigt. Für die ersten Tage in Orlando wählten wir das gleiche Motel wie letztes Jahr, danach ginge es in unsere Stamm-Absteige in Lake City; es gab ein paar Ausflüge, die wir im Kopf hatten, aber im Wesentlichen wollten wir uns einfach treiben lassen, die Backroads erkunden und nach der ersten Woche in Orlando einfach vier Wochen im Wald „verschwinden“. Der Plan sollte voll aufgehen. Aufregend wurde es trotzdem.
Denn schon vor der Reise sorgte der fahrbare Untersatz für Spannung. Nach zwei in günstigen Kleinwagen verbrachten Florida-Reisen in Folge sollte es nun etwas „Besseres“ sein. Und je mehr sich das Preisniveau bei den Mietwagen wieder auf ein akzeptables Maß einpendelte, desto konkreter wurde beim Ehemann der Wunsch nach etwas Besonderem. Ein Dodge Challenger sollte es sein. Nur kann man ja, wie man weiß, kein konkrektes Modell buchen, sondern lediglich eine Kategorie, und ob es dann wirklich vor Ort einen Challenger für uns geben würde, mußten wir also abwarten.
Auch die Fluggesellschaft war Neuland für uns. Icelandair, zum Zeitpunkt der Reisebuchung die preislich günstigste Flugverbindung. Positiv daran war schon vorab, daß wir zu einer ungewohnt humanen Zeit starten würden, mittags um 14 Uhr an einem Montag.
Wir haben also zuvor ein ganzes Wochenende, um uns in Ruhe vorzubereiten, dann gemütlich ausschlafen, kein übermüdetes Herumstolpern zu nachtschlafender Zeit, sehr angenehm das alles.
So starten wir also vormittags um 11, das Taxi ist pünktlich und wir könnten gar nicht entspannter in den Urlaub starten. Das Gefühl hält nicht mal einen Kilometer lang an, denn schon vor der Haustür stellen wir uns direkt in den Stau.
Montagvormittag in Berlin, der Streßlevel steigt im gleichen Maß, in dem der Zeitvorsprung schrumpft. Dem Ehemann fällt obendrein ein, daß eine Banane in der Obstschale liegengeblieben ist und jetzt haben wir Gesprächsstoff für den Stau. Die Schuldfrage kann trotz ausgiebiger Erörterung wer zuletzt in der Küche war, wer den Kontrollgang vor Verlassen der Wohnung gemacht hat und wem die Banane ursprüglich überhaupt gehörte, nicht geklärt werden, aber zumindest, wer sie in den nächsten Tagen aus der Wohnung entfernen wird, bevor die Obstfliegen von unserer Wohnung aus die Weltherrschaft übernehmen.
Falls unserem Taxifahrer Loriot ein Begriff gewesen sein sollte, wird er gedacht haben, wir führen einen Sketch auf.
Irgendwann geht es wieder voran, das Bananenproblem ist geregelt und nun müssen wir es nur noch rechtzeitig ins Flugzeug schaffen und als wir uns in die vor dem Iclandair-Check in mäandernde Schlange einreihen, kommen da uns ernsthafte Bedenken.
Wir haben vorab keine Unterlagen hochgeladen und erleben es nun zum ersten Mal, daß wir unsere Esta-Ausdrucke vorzeigen müssen. Die Mitarbeiterin ist erstaunt, das müsse doch immer kontrolliert werden. Wurde es aber tatsächlich noch nie.
Trotz alledem schaffen wir es pünktlich durch die Security und zum Gate, was auch gut ist, denn auch Icelandair ist pünktlich. Danach fällt uns nur noch wenig Positives ein, das wir über diese Fluggesellschaft berichten könnten.
Aus irgendeinem sicher gut gemeinten Grund sind sämtliche an Bord befindlichen Kleinstkinder mit ihren Eltern nebeneinander platziert worden. Und mittendrin wir. Wir fühlen uns, als hätten wir uns unrechtmäßigerweise in eine Säuglingsstation geschlichen, aber am Ende wird es dann gar nicht so schlimm und die meiste Zeit des Fluges sind sie alle ruhig.
Wären die Kinder älter gewesen, hätte ich gemutmaßt, daß die Stille daher rührt, daß alle die Realversionen von Ella aus Frozen anstaunen, die als Stewardessen durch die Maschine stiefeln. Alle haben eine identische Haarfarbe, blond mit einem metallischen Glanz, und eine Haut, als wären sie ihr Leben lang mit Milch und Knäckebrot aufgezogen worden. Sie sehen sich alle ähnlich, aber es heißt ja auch, alle 400.000 Isländer auf diesem Planeten seien miteinander verwandt. Das Auftreten erinnert allerdings eher ein bißchen an die Frauen von Stepford.
Leider sind Service und Verpflegung entsprechend unterkühlt. Weder auf dem drei Stunden dauernden Zubringerflug nach Keflavik noch auf dem Transatlantikflug mit 7 Stunden gibt es außer für Selbstzahler etwas zu essen; und die Auswahl beschränkt sich auf belegte Sandwiches. Für mich grenzt das fast an Körperverletzung und schon aus diesem Grund würde ich mit dem Verein nicht noch einmal fliegen.
Von Island sehen wir außer einem kurzen Blick auf eine durchnässte tundraähnliche Landschaft beim Landeanflug und einer im Laufschritt absolvierten Runde durch den Flughafen bis zum nächsten Gate nicht viel.
Nur der Souvenirshop hat es in sich, so viele schöne Sachen. In Windeseile wandert ein kleiner Schnapsbecher aus Ton für die islandpferdebegeisterte Freundin ins Handgepäck.
Wir landen spätabends leicht ausgehungert in Orlando. Hier hat man das Einreiseprocedere geändert, erst Koffer holen, dann Immigration. Die Ankunftshalle gefällt uns gut. Hier ist eine an die floridianischen Quellen erinnernde Installation aufgebaut worden, sieht sehr hübsch aus und vertreibt die Zeit.
Die Einreise geht relativ schnell vonstatten, wir werden nichts gefragt und müssen nichts vorzeigen außer den Pässen, schnell ein Foto, dann geht es zügig zum Rental Car Center. Die Spannung steigt.
Der Ehemann regelt die Autoübernahme, dann geht es runter ins Parkhaus, wo jetzt in der Nacht nur noch ein Notschalter besetzt ist. Ein junger Mann nimmt unsere Papiere entgegen und der Ehemann hüpft aufgeregt von einem Bein aufs andere, was für eine Auswahl er denn nun hat. Jaaa, sagt der Alamo-Mitarbeiter, ich habe jetzt gerade überhaupt nur zwei Autos da, und zeigt um die Ecke.
Da stehen sie, zwei Sportwagen, einer schwarz, einer anthrazitfarben. Und beides sind Challenger!
Der Ehemann entscheidet sich für den schwarzen aus Louisiana. Mir gefällt das, darin werde ich mir vorkommen, wie eine Voodoopriesterin aus dem tiefsten Bayou, wenn wir zu den Quellen fahren!
Das Sitzgefühl ist bequem, aber der Wagen ist sehr tief, wannenartig, und die schwarze Farbe vermittelt umso mehr das Gefühl einer eingeschränkten Rundumsicht, zumindest für kleinere Personen.
Dann geht’s hinaus in die schwülwarme floridianische Nacht. Der Ehemann hat so einigermaßen die Orientierung, aber auf dem Orange Blossom Trail landen wir im Dunklen auf der falschen Auffahrt und merken auch diesmal, genau wie letztes Jahr, daß wir falsch sind, als wir das "schlimme" Day's Inn im Norden passieren. Normalerweise wäre das nach der langen Anreise nervenaufreibend, aber heute herrscht auf dem Fahrersitz nur andächtiges Schweigen.
Wir halten an einem Seven Eleven und nach einem Jahr das erste USA-Shopping, herrlich. Ein bißchen Knabberkram, bißchen was zu Naschen und viele Getränke, um über die erste Nacht und den ersten Morgen zu kommen.
Dann geht es langsam den Orange Blossom Trail nach Süden zum richtigen Day’s Inn neben der Auffahrt zum Turnpike und wir rollen wie die Könige vor die Rezeption. Und nach der hektischen Übernahme am Flughafen nehme zumindest ich ihn jetzt erst so richtig wahr, in seiner ganzen Pracht. Das wird jetzt unser fahrbarer Untersatz für die nächsten viereinhalb Wochen. Krass.
Eine Woche haben wir hier, noch für drei Tage gültige Jahreskarten fürs Gatorland und zwei weitere Tage für andere Aktivitäten, und in der Zeit werden wir so einige Male den Trail rauf und runter fahren. Ein Orange Blossom Special sozusagen.