Tag 4 / 9. November / Key West-Key Largo
Trotz später Nachtruhe waren wir aufgrund der immer noch nicht verkrafteten Zeitumstellung erneut zu frühester Morgenstunde wach. Das vom Vorabend noch existierende Voucherheft zu Key West hielt natürlich noch weit mehr Coupons bereit, als nur für vergünstigte Getränke. Unter anderem offerierte hier eine Juwelierkette namens ‘Diamonds International‘ ein ‘Free Gift‘… nun ja – Schmuck und auch noch kostenlos (wenn auch in Kaugummiautomatenqualität) ist natürlich ein für Damen unumgängliches Angebot – so auch für meine Frau Angela. Während ich also die frühe Tageszeit für eine weitere Analyse der journalistischen Qualität US-amerikanischer Nachrichtensendungen nutzte (ich verfolgte mit großem Interesse eine Reportage zum Jahrestag des Berliner Mauerfalls und war doch überrascht, dass diesem angeblich doch so ignoranten und ich-bezogenen Volk, hier solche Ereignisse der Weltgeschichte in gar nicht mal schlecht aufbereiteter Form nahe gebracht wurden… Über die Interviewausschnitte mit David Hasselhoff der, soweit ich es verstehen konnte, sich damit brüstete die Mauer quasi im Alleingang niedergesungen zu haben, breitet man aber dann besser doch den Mantel des Schweigens…), ergoogelte sich Angela Näheres zu dem besagten Laden ‘Diamonds International‘. Schnell hatte sie herausgefunden, dass diese Juwelierkette in nahezu jedem Karibikhafen eine Dependance unterhält und sich folgendes Lockmodell zur Kundengewinnung ausgedacht hat: Man bekommt in jedem Ort ein einzigartiges ‘Charm‘ geschenkt (also einen Anhänger für ein Armbändchen), welches speziell nur am jeweiligen Ort erhältlich ist (für Key West z. B. hat es die Form eines Segelschiffchens). Obwohl es sich hierbei natürlich nur um gülden lackiertes Metall billigster Machart handelt, war Angelas Jäger- und Sammlertrieb geweckt. Da wir ja im weiteren Reiseverlauf noch die Bahamas besuchen wollten und es dort ebenfalls eine Filiale (die ebenfalls ein solch einzigartigen Schmuckstückchen offerierte) gab, hätte sie ja eine schöne Erinnerung an den Urlaub, mit zumindest hohem ideellen Wert - so ihre Argumentation. Also vor der Abfahrt noch schnell den Laden aufgesucht um das kostenfreie Stück Trompetenblech in Windjammerform abzukassieren. Das ich während der Fahrt fortlaufend insistierte, dass sie sich auf keinerlei kostenpflichtige Zusatzkäufe einzulassen habe, erwies sich als völlig unnötig, da der Laden geschlossen hatte und auch nicht vor dem späten Sonntagvormittag öffnen würde. Puh – wenn auch beim Anblick von Angelas Gesicht etwas mitleidig gestimmt, überwog doch die Freude den Juwelierbesuch vermieden zu haben - Thema erledigt dachte ich… aber später mehr dazu.
Wir ließen Key West nicht ohne Wehmut hinter uns. Die eventuell angedachten Trips zu einer Dinner & Wine Sunset Cruise sowie zu den Dry Tortugas hatten wir nicht realisieren können und auch sonst wären wir gerne noch 1-2 Tage länger an diesem fantastischen Ort geblieben – aber das von mir straff vorgeplante Reiseprogramm lies hier keine Änderungen größeren Umfangs zu.
Bei bedecktem Himmel ging es die Keys wieder hinauf gen Norden, unserem Tagesziel Key Largo entgegen. Für den weiteren Tag hatten wir keine großartigen Aktivitäten geplant und das von meiner Frau sehnsüchtig verlangte “beachen“ sollte den Großteil des Tagesprogramms einnehmen. Eine kurzzeitige Überlegung, das Delfinschwimmen in dem auf dem Weg liegenden ‘Dolphin Research Center‘ einem Vergleich mit dem von uns im Vorjahr kennen gelernten ‘Seaquarium‘ auf Curacao zu unterziehen, wurde aus Kosten- und Motivationsgründen verworfen.
Frühstücken waren wir auf quasi “on the run“ im ‘Waffle-House‘ von dem ich schon einiges positives gelesen hatte. Neben den namensgebenden Waffeln haben wir noch die viel gerühmten Hashbrowns probiert. Eine Art hausgemachter Reibekuchen, aber ohne irgendwelche sonstigen Bindemittel. Ich muss sagen, dass die Dinger zwar dem Vergleich mit einem hausgemachten Schweizer Rösti nicht standhalten können, aber auch nicht wirklich schlecht waren. Zu unseren Favoriten würde diese weit verbreitete Kette aber sicher nicht werden. Im Vergleich zu unserer McDonalds Erfahrung allerdings nahm sich der Laden natürlich immer noch wie eine wahre Offenbarung aus…
Am späten Vormittag hatten wir dann Key Largo bzw. das kurz davor liegende Tavernier und unsere Unterkunft, das ‘Coconut Palm Inn‘ erreicht. Wir waren etwas früh dran und unser Zimmer noch nicht bezugsfertig, so dass wir noch kurz in den Supermarkt sind um erneut - Alice im Wonderland gleich - das gigantische Warenangebot zu bestaunen und diverse Versorgungsartikel für den Strandnachmittag einzukaufen.
Als wir um kurz vor 12 zurück im ‘Coconut Palm Inn‘ waren, war unser Zimmer frei und wir konnten einziehen.
Dieses kleine aber feine, familiär geführte Haus bedarf ein paar Worten der Huldigung und kann anderen Reisenden nahezu uneingeschränkt empfohlen werden. Das Hotel hat vielleicht 10-15 Zimmer und fast alle sind ebenerdig und fast jedes in einem eigenen kleinen Gebäude für sich, mit Veranda und Strandblick, angelegt. Neben der äußerst geschmackvollen individuellen Einrichtung der Zimmer, überzeugten diese auch durch gehobene Ausstattungsmerkmale, eigene Küchenzeile und penibelste (chlorgeschwängerte) Sauberkeit. Der künstlich angelegte hoteleigene Strand ist sehr hübsch und war in Ermangelung weiterer Gäste bis zum Nachmittag uns alleine vorbehalten. Ein kleiner Swimmingpool, ein netter Steg und kleine Unterstände an denen man selbst grillen konnte (wenn man denn wollte…) und die kostenlose Nutzungsmöglichkeit von bereit stehenden Kayaks sowie ein Palmenhain mit gigantischen Hängematten, die mühelos auch meiner Gewichtsklasse standhielten (auch beim Gewicht sind in diesem Land die Möglichkeiten ja nahezu unbegrenzt, wie wir mittlerweile erfahren hatten) rundeten das Bild ab. Einziger Wehrmutstropfen an diesem ‘kleinen Paradies‘ ist, dass der Strand künstlich angelegt und mit einer Art Mini-Kaimauer zum Meer abgegrenzt ist – man kann also nicht vom Strand ins Wasser laufen, sondern muss einen kleinen Hüpfer machen. Angesichts der sonstigen Vorzüge fiel das aber nicht groß ins Gewicht. Für das bescheidene Wetter an diesem Tag, an dem sich Sonnenschein und Nieselregenschauer im ständigen Wechsel befanden, konnte das Etablissement ja schließlich auch nichts. Eine weitere Einschränkung ist vielleicht noch, dass man sich hier etwas ab vom Schuss befindet und fußläufig weder Geschäfte noch Restaurationen zu erreichen sind. Zum Auszeit nehmen aber genau das Richtige – den Slogan des Hauses: “A Beachfront Hideaway“ kann man also genau so unterschreiben!
Am vierten Tag unserer Reise sollte dann zum Dinner auch endlich mal keine Imbissbude, sondern ein ‘echtes‘ Restaurant gewählt werden. Aufgrund mehrerer positiver Nennungen war hier das unweit gelegene ‘Mrs. Mac’s Kitchen‘ unsere Wahl. Doch unglaublicherweise gibt es in einem Land, in dem selbst Straßenbaustellen rund um die Uhr betrieben werden, doch tatsächlich punktuell auch eine völlig unnötigerweise aus der ‘alten Welt‘ übernommenes Ritual namens ‘Ruhetag‘ – wovon dieses Restaurant an diesem Sonntagabend auch Gebrauch machte.
Es sei ihnen ja gegönnt – doch was nun? Meine Frau schlug vor das von ihr am Mittag ergatterte Couponheft für den nördlichen Teil der Keys zu konsultieren und preisorientiert zu speisen. Gesagt, getan. Einen Diskont räumte unter anderem das ‘The Key Largo Conch House Restaurant & Coffee Bar‘ ein, welches in halbwegs direkter Nähe vom ‘Mrs Mac’s ‘lag. Also los nun – ich wollte die Odyssee jetzt schnell beenden - der ‘Waffle-House‘ Besuch lag schon beinahe zwölf Stunden zurück und ich musste schließlich in Form bleiben, um (angesichts des Durchschnittskörpervolumens der Eingeborenen) nicht wie ein Hänfling zu wirken. Der Laden entpuppte sich als Glücksgriff. Das im Nachhinein von mir hierzu konsultierte Tripadvisor bestätigte unseren Eindruck – ein ganz ausgezeichnetes Restaurant in schönem Gebäude. Neben hervorragendem Hauptgericht, (ich weiß leider nicht mehr was wir hatten – nur, dass es gut war!) holten wir den in Key West verpassten Key Lime Pie zum Dessert nach und vergaben auch für diesen (ohne Vergleichsmöglichkeiten gehabt zu haben) das Prädikat äußerst empfehlenswert. Dass selbst in einem ‘richtigen‘ Restaurant Stilbrüche, wie Papiertischtücher und Weingläser aus Kunststoff, das sonst tolle Ambiente in historischer Kulisse trübten ist nun mal - dem in dieser Hinsicht - fehlenden Sinn für Stil der Einheimischen geschuldet und nur für den noch nicht akklimatisierten Europäer befremdlich.
Key Largo als Zwischenetappe wurde von mir (als altem Hollywoodfan) natürlich nicht ganz ohne Grund gewählt. Ein unvergesslicher Klassiker gleichen Namens mit Humphrey Bogart und Lauren Bacall spielt hier und auch die namensgebende Nussschale aus der oscargekrönten Schmonzette ‘African Queen‘ (ebenfalls mit good old Humphrey) ist hier zu besichtigen. Nach dem Essen sollte es also zum Absacker in den ‘Carribbean Club‘ gehen, dessen Fassade die Kulisse für den besagten Film ‘Gangster in Key Largo‘ aus den 1940ern bildete. Da ich bereits durch den Genuss von 2 Gläsern Wein beim Abendessen die Fahrerfrage dezent aber unmissverständlich geklärt hatte, war ich voll Vorfreude den Abschluss des Abends an besagter Stelle zu verbringen. Angela – weder Fan von s/w Klassikern, noch von Humphrey Bogart – kam ihren Pflichten als treu sorgende Ehefrau brav nach und chauffierte mich klaglos zu besagtem Etablissement. Während der kurzen Anfahrt sah ich mich schon in imaginärem Trenchcoat mit filterloser Zigarette an der Theke mit Gleichgesinnten im Stile Bogarts über gute alte Zeiten sinnieren und konnte es kaum erwarten endlich anzukommen…
Eine von Ausfallerscheinungen geplagte Leuchtreklame begrüßte uns an einem verwaisten Schotterparkplatz mit zwielichtiger Beleuchtung. Wie sich nach dem Eintreten herausstellte war nicht nur die Parkplatzbeleuchtung zwielichtig, sondern auch das Publikum – vom Ambiente ganz zu schweigen. Uns bot sich eine heruntergekommene Spelunke dar, bei deren Anblick der gute Humphrey weißglühend im Grabe rotieren würde. Ein wirklich übler Laden mit fragwürdigem Hygieneverständnis, dessen Mobiliar von einem der in den USA so beliebten Hausflohmärkte zu stammen schien. Als Reminiszenz an den Bogartklassiker gab es zwei Pappstatuen in Lebensgröße (wie man z. B. aus Videotheken kennt) und Gäste, deren äußeres Erscheinungsbild (wahrscheinlich dem fortlaufenden Alkoholgenuss geschuldet) nur als fragwürdig zu bezeichnen war. Nun gut, trotz zunehmenden Unbehagens und eindeutiger Blicke meiner Frau, ertränkte ich meine Frustration in wenigstens einem Cuba Libre der in etwa zu gleichen Teilen aus Bacardi, Cola und Chlorwasser bestand. Ob des gratis mitgelieferten Desinfektionsmittels im Getränk war wenigstens die Gefahr sich Krankheitserreger einzufangen gebannt… Es muss an dieser Stelle ausdrücklich vor dem Besuch dieser Bar gewarnt werden, die in dem von mir routinemäßig vorgenommenen Tripadvisorabgleich eindeutig noch viel zu gut weg kommt!
Der schöne Tag ging leider unschön, aber um eine Erfahrung reicher, zu Ende und nach Rückkehr ins ‘Coconut Palm Inn‘ ließen wir den Abend bei Nieselregen und dem Studium von amüsant gemachten TV-Werbespots, die sich mit Rabattangeboten anlässlich des anstehenden Veterans Days geradezu überschlugen, ausklingen.
Fazit und Klischeeabgleich
- Rabattheftchen sind eine charmante Erfindung aber auch irgendwieTeufelszeug
- Stilvolles Ambiente beim Essengehen wird hierzulande völlig überbewertet
- Es ist in Restaurants und Bars (soweit möglich) auf Flaschengetränken zu bestehen um dem inflationären Chlorgebrauch vorzubeugen
- Es gibt (beruhigenderweise) auch mal schlechten Service (Carribbean Club)
Fixkostencheck
- 90,- EUR Coconut Palm Inn (über booking.com, 6 Monate vorher gebucht)